Damals in der Fichtestraße

Es war einmal der Arbeitersport in Deutschland. Dieser brachte in den 1920ern eine Million Menschen in Bewegung. Und wenn die Bewegung nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute. Doch: Wie funktioniert der Arbeitersport heute?

Die radelnden Arbeiter

Radpolo, Radwandern oder Fußball. Das und vieles mehr ist der RKB Solidarität. Der Verein ist heute das letzte Fragment des deutschen Arbeitersports. 229 Ortsverbände sind dem RKB zugehörig. Mit ihren nahezu 40.000 Mitgliedern.1 Das ist fast ganz Königs Wusterhausen.

Der RKB Solidarität hat seine Ursprünge im Kaiserreich. Originell waren damals ihre Radwanderungen. Sie dienten nicht nur der Erholung, sondern auch der Sozialdemokratie. In die entfernstesten Orte ist man gefahren, um für rote Politik zu werben.1

In Offenbach hatte der Verband in den 1920ern sogar seine eigene Fabrik. Diese trug den Namen „Frischauf“. In ihr wurden eigene Fahrräder produziert. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde der RKB Solidarität verboten. In der DDR und in der Bundesrepublik wurde der Verband glücklicherweise wiederaufgebaut.1

Arbeitersportvereine in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein. Mit dem SATUS führte die Pluralistische ein Interview.

Nur noch Fassaden

An der Fichtestraße 28 in Leipzig steht sie. Die ehemalige Bundesschule des Arbeiter-Turn-Sportbundes, kurz ATSB. Hier wurden bis 1933 Lehrgänge angeboten. Mit Übernachtung und Verpflegung. Zudem wurde in diesem Gebäude die „Arbeiter-Turn-Zeitung“ gedruckt. Nach dem Krieg kehrte der Arbeitersport nie wieder in das stolze Bauwerk zurück.2

Der ATSB, also der Arbeiter-Turn-Sportbund, gründete sich wie der RKB Solidarität im Kaiserreich. Die nationalistische Deutsche Turnerschaft gehörte zur Gegnerschaft des ATSB. Nach dem Ersten Weltkrieg priorisierte man nicht nur das Turnen, sondern auch Leichtathletik, Handball und Fußball. Jährlich kührte der ATSB einen Deutschen Meister im Fußball. Zugleich richtete der Sportbund Feste und Arbeiterolympiaden aus. Bis die Nationalsozialisten gekommen sind.3

In der Bundesrepublik scheiterte bislang ein Aufbau des ATSB. Die Pluralistische denkt über eine Wiedergründung in einem anderen Artikel nach.

Auf zur Olympiade

Mit dem Begriff „Olympiade“ verbindet man heute höchstens die Olympischen Spiele. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden jedoch große Arbeiterolympiaden veranstaltet. Die ersten wurden in Frankfurt am Main und Niederschlesien ausgerichtet. In Frankfurt gewannen größtenteils die deutschen Teilnehmer. Mit Arbeiterolympiaden konnten internationale Beziehungen geknüpft werden. Zugleich wurde Leistungsfähigkeit demonstriert.4

Etwas ähnliches gibt es heute noch. Durch die Organisation „CSIT“ werden internationale Arbeiterwettkämpfe ausgerichtet. Deutschland wird durch den RKB Solidarität repräsentiert. Der nächste Wettkampf findet 2025 im griechischen Loutraki statt.5

Nach dem Vorbild der Arbeiterolympiaden funktionieren auch die „Gay Games“. Die „Gay Games“ sind ein weltweiter Sportwettkampf für queere Menschen. Im weiteren Sinne sind die Kleinstaatenspiele auch eine Anlehnung an Arbeiterolympiaden. Hierbei treten europäische Zwergstaaten bis heute gegeneinander an.

Quellen

1rkbsoli.org: Über 125 Jahre RKB Soli (Stand: unbekannt). In: https://www.rkbsoli.org/geschichte/ [Zugriff vom 22.01.2025]

2Schlüter, Daniel (arbeiterinnenbewegung-leipzig.de): Station 09 – Fichtestraße 28: Die Bundesschule des Arbeiter Turn- und Sportbund (Stand: unbekannt). In: https://arbeiterinnenbewegung-leipzig.de/station-9/ [Zugriff vom 01.03.2025]

3Scriba, Arnulf (Deutsches Historisches Museum): Der Arbeiter-Turn- und -Sportbund (ATSB) (Stand: 02.09.2014). In: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/alltagsleben/atsb [Zugriff vom 01.03.2025]

4Friedrich-Ebert-Stiftung: Arbeitersportbewegung (Stand: unbekannt). In: https://www.fes.de/adsd50/arbeiterolympiade [Zugriff vom 01.03.2025]

5Vgl. CSIT: Webseite des CSIT (Stand: unbekannt). In: https://www.csit.sport/ [Zugriff vom 01.03.2025]