Der SATUS ist besonders. In der Schweiz verfügt man über einen Sportverband, der aus der Arbeiterbewegung entstanden ist. Letztes Jahr feierte der SATUS seinen 150. Geburtstag. Wo steht die Organisation heute? Was können wir Deutsche von den Schweizern lernen? Dazu sprach die Pluralistische mit Christian Vifian, dem Präsidenten des SATUS.

Christian Vifian. (Foto: privat)
Die Pluralistische: Welchen Stellenwert hat der SATUS heute für die Schweizer Gesellschaft?
Christian Vifian: SATUS Schweiz ist ein klassischer polysportiver Sportverband und versteht sich dadurch, dass er heute allen bewegungsaktiven Menschen eine Plattform mit Produkten anbietet, welche die Gesundheit fördern und Emotionen und Spass vermitteln. Dieser gezielte Fokus auf den Amateur- und Breitensport verschafft dem SATUS auch noch nach 150 Jahren einen guten Stellenwert in der Schweizer Sportlandschaft.
Die Pluralistische: Der SATUS hat zahlreiche Ortsvereine. Wie sieht der regionale Arbeitersport in der Schweiz aus?
Christian Vifian: Von Arbeitersport kann nicht mehr gesprochen werden. Die regionalen Vereine sind zwar historisch in der Arbeiterbewegung entstanden, heute jedoch spielt der Begriff Arbeiter keine Rolle mehr.
Die Pluralistische: Wie viel Sozialdemokratie steckt heutzutage innerhalb des SATUS?
Christian Vifian: Der SATUS hat immer noch ein gutes Verhältnis zur «Sozialdemokratischen Partei der Schweiz», versteht sich jedoch heute sportpolitisch als unabhängig. Unsere Hauptwerte SINNSTIFTEND, BEZIEHUNGSORIENTIERT und GENERATIONENÜBERGREIFEND, entsprechen nach wie vor Grundwerten einer sozialdemokratischen Gesinnung.
„Von Arbeitersport kann nicht mehr gesprochen werden“
Die Pluralistische: Gibt es Betriebe, die mit dem SATUS kooperieren? Wäre das überhaupt wünschenswert?
Christian Vifian: Der SATUS ist für jede Partnerschaft offen, die unsere Grundwerte lebt. Gezielte Betriebe suchen wir jedoch nicht.
Die Pluralistische: Ihre Organisation ist vor allem auf Leichtathletik orientiert. Hatte Fussball innerhalb des Schweizer Arbeitersports denn nie eine große Bedeutung, wie es in Deutschland der Fall war?
Christian Vifian: Wir bieten Tätigkeiten in über 20 Sportarten an. Leichtathletik hat zwar eine hohe Popularität, ist jedoch bei weitem nicht unsere einzige Sportart. Fussball hatte bis in die 80er Jahre eine grosse Bedeutung innerhalb des SATUS. Heute sind alle ehemaligen SATUS-Fussballvereine in den «Schweizerischen Fussballverband» integriert.
Die Pluralistische: Wenn Sie Richtung Bern schauen: Erhält der SATUS genug Franken aus dem Topf der Sportförderung?
Christian Vifian: Genug hat man ja nie, man könnte immer mehr Geld gebrauchen. Das meiste Geld, das wir erhalten, steht im Zusammenhang mit unserer Jugendförderung. Das ist für uns so auch okay.
„Dadurch konnten wir unser Zielpublikum schlagartig massiv vergrössern“
Die Pluralistische: Wie begeistern Sie die Jugend für den SATUS?
Christian Vifian: Es sind nicht nur besondere Angebote, die die Jugend zu begeistern vermag. Viel grössere Bedeutung hat das Verhältnis der Leitungspersonen zu den Jugendlichen. Wenn dieses Verhältnis positiv und motivierend ist, dann sind die Kinder und Jugendlichen sehr gut zu begeistern.
Die Pluralistische: Welchen Tipp haben Sie für uns Deutschen, wie der Arbeitersport bei uns wieder entstehen könnte?
Christian Vifian: Es steht mit nicht an, «grosse» Ratschläge zu erteilen. Wir kochen auch nur mit Wasser! Ich kann hier lediglich zwei Tipps aufführen, die bei uns erfolgreich waren:
1.) Wir haben das Wort Arbeiter durch Amateur ersetzt, denn die meisten Arbeitnehmenden in der Schweiz arbeiten im Dienstleistungssektor und sind somit keine klassischen Arbeiter / Arbeiterinnen mehr. Dadurch konnten wir unser Zielpublikum schlagartig massiv vergrössern.
2.) Der SATUS hat sich Schritt für Schritt von einer ideologischen Parteipolitik gelöst hin zu einer unabhängigen Sportpolitik, die jedoch nach wie vor auf sozialen und demokratischen Werten basiert.
„Schritt für Schritt von einer ideologischen Parteipolitik gelöst“
Die Pluralistische: Mal angenommen, wir befinden uns im Jahr 2034. Wie kann ich mir in zehn Jahren den SATUS vorstellen?
Christian Vifian: Wir streben die Realisierung unserer Vision an: SATUS Schweiz versteht sich als Vernetzer von sportlich interessierten Menschen mit und ohne besonderen Förderbedarf, egal welcher Herkunft, welcher Hautfarbe, welcher ethnischen, religiösen und politischen Gesinnung.
Wir danken Christian Vifian herzlichst für das Gespräch. Das Gespräch führte der Autor Pascal „Törleß“ Conzelmann. Auf das pluralistische Eszett („ẞ“ / „ß“) wurde beim Interview verzichtet, um das Gesprächsprotokoll zu wahren. Die Antworten spiegeln die Schweizer Rechtschreibung wider („«»“; „ss“ statt „ß“). Vom österreichischen Pendant ASKÖ bekamen wir nach mehrmaligen Anfragen keinerlei Rückmeldung.